31.03.2022 | Dr. Lucas Giller in:

Vorhandene Biogas-Ressourcen für eine nachhaltige und bezahlbare Wärmeversorgung nutzen

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist für einen erfolgreichen und langfristigen Klimaschutz unabdingbar. Daher lautet die Devise: Energie umdenken. Denn die aktuellen politischen Veränderungen und Ereignisse machen ein gezieltes Nutzen bereits vorhandener Ressourcen und das Erschließen neuer Wege für eine bedarfsorientierte und konstante Strom- und Wärmeversorgung zwingend erforderlich. Um die Versorgungssicherheit auch in der Zukunft weiterhin zu gewährleisten, muss der Einsatz von heimischen, klimafreundlichen Energieträgern stärker gefördert und ausgebaut werden.

Die Potenziale heimischer und klimafreundlicher Energieträger nutzen

Grüner Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger zählt zu den Schlüsselelementen der Energiewende. Schon heute wird er als sauberer Treibstoff zur dezentralen Stromerzeugung mit Gasmotoren und Blockheizkraftwerken eingesetzt. Die Weiterentwicklung und der Ausbau von wasserstoffbasierten Technologien für eine nachhaltige Energieerzeugung muss jedoch weiter an Fahrt aufnehmen, um dabei zu helfen, die Emissionen bei der Energieerzeugung langfristig zu senken. Neben Wasserstoff, als relativ jungem Treibstoff für die Energieerzeugung, ist das in Deutschland seit vielen Jahren eingesetzte Biogas ein weiterer wichtiger und nachhaltiger Energieträger. Dieser erzeugt nicht nur flexibel Strom, sondern stellt auch Wärme bereit. Seit dem offiziellen Inkrafttreten des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) im April 2000 nahm die Nutzung von Biogas und der Bau von Biogasanlagen in Deutschland deutlich zu. In Deutschland macht Wärme mehr als 50 Prozent des Energiebedarfs aus. Etwa die Hälfte dieser Heizenergie wird durch importiertes Gas erzeugt. Als Alternative dazu steht Biogas als heimischer und klimafreundlicher Energieträger zur Verfügung, der bei der Verstromung in Blockheizkraftwerken Abwärme erzeugt. Diese Wärme, als Nebenprodukt der Stromerzeugung, wird bereits flächendeckend in deutschen Haushalten und Unternehmen genutzt. Selbst eine kleine Biogasanlage mit einer Leistung von 190 Kilowatt kann etwa 100 Haushalte mit klimafreundlicher und preiswerter Biogaswärme versorgen. Befindet sich die Biogasanlage in der unmittelbaren Nähe eines Wohnortes, profitieren die Anwohner über das Nahwärmenetz von der nachhaltigen, preiswerten und heimischen Heizenergie. Der Betreiber der Anlage profitiert ebenfalls, da er die bei der Stromerzeugung anfallende Abwärme direkt absetzen kann. Neben Wohnhäusern können auch öffentliche Einrichtungen, wie beispielsweise Krankenhäuser oder Schulen, mit Biogaswärme beheizt werden. Über „Satelliten-BHKWs“ ist es auch möglich, Gebäude zu beheizen, die sich nicht in unmittelbarer Nähe der Biogasanlage befinden. Durch Biogasleitungen wird das in der Biogasanlage entstehende Gas zu einem Blockheizkraftwerk geleitet, welches in der Nähe der zu beheizenden Einrichtung steht und dort das Gas in Strom und Wärme umwandelt.

Weitere Förderung von Biogasanlagen und Ausbau von Infrastrukturen notwendig

Der Fachverband Biogas e.V. schätzt, dass in den rund 9.500 Biogasanlagen in Deutschland bei der Stromerzeugung Wärme für etwa eine Million Haushalte entsteht. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 10.000 kWh je Haushalt, entspricht dies einem Volumen von einer Milliarde Kubikmeter Gas. Dem Fachverband Biogas e.V. zufolge könnten durch kurzfristige Maßnahmen die bereits bestehenden Biogasanlagen in Deutschland noch in diesem Jahr die Bereitstellung von Strom und Wärme um 20 Prozent steigern. Sogar eine Verdopplung der Energiemenge aus heimischem Biogas sei mittel- bis langfristig durchaus möglich.

Um dieses Potenzial für eine klimafreundliche, für die Verbraucher und Unternehmen kostengünstige und regionale Wärmeversorgung nutzen zu können, ist es erforderlich bereits vorhandene Biogasanlagen weiter zu fördern. Auch der Ausbau von Wärmenetzen auf Basis von Biogas, insbesondere im ländlichen Raum, muss weiter voranschreiten. Neben dem Auf- und Ausbau von notwendigen Infrastrukturen müssen ebenfalls die gesetzlichen Rahmenbedingungen zugunsten von Betreibern von Biogasanlagen angepasst werden. Zusätzlich ist die Anpassung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes mit Fokus auf den Erhalt und die Flexibilisierung bestehender Anlagen sowie die Erweiterung des Förderzeitraums dafür essenziell. Darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen für die Einspeisung von zu Biomethan aufbereitetem Biogas in das bestehende Gasnetz eingerichtet werden, sodass Biogasanlagen ohne passendes Wärmekonzept ihr Gas in das Netz einspeisen können.

Bioenergiedörfer als Bausteine der Energiewende: Niedrigere Heizkosten und konstante Verfügbarkeit

Anschauliches Beispiel für ein innovatives Konzept und Geschäftsmodell sind die seit 2005 in Deutschland projektierten Bioenergiedörfer. In rund 160 Kommunen und Gemeinden gibt es sie bereits. Zwar gibt es viele Unterschiede in Bezug auf Projekthistorie und Umsetzung, die übergeordnete Idee der „Bioenergiedörfer“ ist aber ebenso einfach wie überzeugend:

In einem Bioenergiedorf wird das Ziel verfolgt, den überwiegenden Anteil der Wärme- und Stromversorgung auf die Basis des regional bereitgestellten erneuerbaren Energieträgers Biomasse umzustellen und einen großen Teil des Strom- und Wärmebedarfs selbst zu decken. Es gibt keine klaren Vorgaben, aber gängig ist diese Definition: Es wird mindestens so viel Strom erzeugt, wie vom Dorf benötigt wird.
Die Haushalte und Verbraucher, die mit Biogaswärme heizen, profitieren von geringeren Heizkosten, da die Kosten pro Kilowattstunde in der Regel geringer ausfallen als bei fossilen Energieträgern. Ebenso sind starke Preisschwankungen der Wärmekosten nahezu ausgeschlossen, da hinter Bioenergiedörfern häufig Genossenschaften stehen, die nicht auf eine Gewinnmaximierung ausgerichtet sind. Neben der Klimafreundlichkeit von Biogaswärme ist die Regionalität ein entscheidendes Argument für den weiteren Ausbau und die Förderung von Biogasanlagen, da so selbst in Krisenzeiten eine beständige Verfügbarkeit von Wärmeenergie ohne eine hohe Kostenzunahme gewährleistet werden kann. Aus diesen Gründen sollte eine deutlich stärkere Förderung und Nutzung von heimischen und bewährten Ressourcen wie dem Biogas in Betracht gezogen werden, da sowohl die Verbraucher als auch die Anlagenbetreiber von dieser Lösung langfristig profitieren. Besonders für die Zeit nach den 20 Jahren EEG-Förderung bedarf es neuer Zukunftsperspektiven.

Weitere Informationen zum Fachverband Biogas e.V.: https://www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf/id/de_homepage

Foto: © Jürgen Fälchle, Adobe Stock

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